Vom Kielforst-Kreuz zum höchsten Kreuz Deutschlands – auf die Zugspitze!

Drei TSV-Sportler und zwei Freunde erlebten im vergangenen Sommer eine ganz besondere Wanderung, die es wert ist, an dieser Stelle mal ausführlich beschrieben zu werden: eine Tagestour (!) auf die Zugspitze. Und welche Rolle bei diesem Unternehmen der heimische Kielforst gespielt hat, erzählt der Verfasser gleich am Anfang.

Es folgt der alpine Abenteuerbericht von TSV-Fußballer, -Darter und Ausdauersportler Tim Biehl … – durchlesen lohnt sich!

Zugspitze

Garmisch-Partenkirchen, der kristallklare und azurblaue Eibsee, eine rekordbrechende Gondel, die bis auf die knapp 3000 m hoch gelegene Plattform führt. Bereits im März 2023 kam uns die Idee, den höchsten Berg Deutschlands zu erklimmen: die Zugspitze. 

Die Voraussetzungen

Mit dabei waren Max, Tom, Steffen, Nils und ich (Steffen, Nils und ich sind Mitglieder im TSV). Die Wanderlust packte uns drei Herleshäuser Anfang 2022, als wir spontan auf das Herleshäuser Gipfelkreuz bei strahlendem Sonnenschein wanderten. Wobei, eigentlich handelte es sich dabei eher um einen Spaziergang mit ein bis zwei Flaschen Bier, Zwiebelbrot und Stracke. Jedoch wuchs die Lust und vor allem die Neugier auf die Umgebung und die wunderschöne Natur, die direkt vor unserer Haustür liegt. Deshalb statteten wir uns wenig später mit guten Wanderschuhen und anderen notwendigen Materialien aus, so dass bei Wind und Wetter rausgegangen werden konnte. 

Der erste hartnäckige „Gegner“ unseres neuen Hobbys war der 50-km-Spendenlauf von Jan Hähnlein in Frömmstedt bei Erfurt. Hierbei werden alle Teilnahmegebühren an die NCL-Stiftung, eine Stiftung für die Forschung von Kinderdemenz, gespendet. Ein Super-Event, welches trotz aller Anstrengungen von uns in ca. 10 Stunden gemeistert werden konnte und wir den Kampf gegen Kinderdemenz aufgenommen haben. 

Max wandert bereits seit Kindesalter. Mit seinen Eltern erlebte er eine Vielzahl von Wanderungen in Italien, Slowenien oder Norwegen und ist demnach der wohl Fitteste von uns fünf. Dazu trägt sein hohes Fitnesslevel bei, welches er als Kapitän des FSV Waltershausen in der dortigen Landesklasse (vgl. mit Gruppenliga) innehat. Tom ist eher unerfahren bei längeren Wanderungen und möchte seine persönlichen Grenzen finden. 

Außer Max hatte also niemand Erfahrungen im alpinen Gebirge. Die Frage nach der richtigen Ausrüstung beantwortete Max ganz trocken: „Kletterausrüstung brauchen wir nicht. Ihr braucht gescheite Schuhe und den richtigen Willen.“ – oder so ähnlich. Na gut, was soll schon schiefgehen. 

Blick aus der Ferienwohnung
Die Ferienwohnung

Nachdem die Planung für unsere Tour vollzogen war, ging es schließlich am 31. August 2023 in Richtung Berwang in Österreich. Um ca. 20:30 Uhr an jenem Donnerstagabend kamen wir in unserer kleinen aber feinen Ferienwohnung an. Neben der Wanderausrüstung im Gepäck: Nudeln und Tomatensoße. Diese wurden schließlich noch gekocht – als Stärkung für den nächsten Tag. Denn bereits acht Stunden nach Ankunft in Berwang wollten wir unseren Marsch an der Olympiaschanze von Garmisch-Partenkirchen beginnen. Mit vielen Nudeln, doch relativ wenig Schlaf im Körper ging es schließlich um ca. 3:45 Uhr in Berwang los, so dass wir um 4:30 Uhr an der weltberühmten Schanze in Garmisch ankamen. Man könnte meinen, dass wir todmüde hätten sein müssen, doch die Aufregung, der Respekt und vielleicht auch die Nervosität vor dem höchsten Gipfel Deutschlands füllte unsere Körper mit Adrenalin. 

Das Ziel, am frühen Morgen gesehen …

4:30 Uhr – los geht‘s

21,6 km und 2250 Höhenmeter lagen vor uns. Angesetzt ist die Tour mit 10 Stunden Fußmarsch. Unser Ziel war der Aufstieg bis ganz nach oben, den Abstieg wählten wir dann bequem per Gondel – in 10 Minuten bis ins Tal zum wunderschönen Eibsee. Die letzte Bahn nach unten fuhr um 16:45 Uhr, weshalb auch der Zeitaspekt immer berücksichtigt werden musste und der Start der Tour bereits so früh gewählt wurde. 

Nur der Mondschein brachte uns etwas Licht, doch Taschenlampen waren unabdingbar. Erst zwei Stunden nachdem wir starteten, ging die Sonne auf. Zum ersten Mal konnten wir die Schönheit des Reintals, durch das uns unsere Tour führte, erahnen. Vorbei an Bockhütte, Reintalangerhütte, vielen wunderschönen Bergen und Flüssen sowie einem riesigen Wasserfall mussten wir nach ca. 15 km unseren ersten Verlust bedauern. Tom, der als unerfahrenster und am wenigsten trainierter Wanderer diese Herausforderung anging, leidete permanent unter Krämpfen in den Beinen. Angesichts der Tatsache, dass erst ca. 1/3 der Höhenmeter absolviert waren, entschieden wir uns, dass Tom den Rückweg antreten sollte. Dies erwies sich im Nachhinein als die einzig richtige Entscheidung, denn ab dem Punkt, an dem Tom zurückkehrte, wurde es erst richtig anstrengend. Außerdem kam Tom somit in den Genuss der Partnachklamm, die erst um 8 Uhr öffnete und die wir links liegen lassen mussten. Der Gegenverkehr – bestehend aus ca. 500 Schafen – entging ihm dann allerdings. 

Das Reintal.

Aufstieg zur Hölle

Ich habe es bereits erwähnt, ab Kilometer 15 wurde es immer anstrengender. 2/3 der Höhenmeter, also insgesamt ca. 1600 Hm warteten noch auf uns – und das nach bereits über vier Stunden Wanderung. Erste Blasen und andere Wehwehchen machten sich bemerkbar, außer bei Max. Die ersten längeren Anstiege über 30% sorgten bei Steffen für Krämpfe in den Oberschenkeln. Nils und ich liefen ein Stück weiter vorne, um weiter in unserem Rhythmus zu bleiben. Max versuchte Steffen immer weiter zu motivieren und blieb bei ihm.

Nach einiger Zeit schickte Steffen seinen Motivator Max nach vorne, so dass Max sein eigenes Tempo laufen konnte. Dies tat er dann auch und holte Nils und mich sehr zügig ein. Bis zur Knorrhütte (2052m) blieben wir drei zusammen und machten dort unsere letzte gemeinsame Pause. Sieben Stunden waren wir zu diesem Zeitpunkt unterwegs – drei lagen noch vor uns. Die Turbobananen, Energieriegel und Quetschjoghurts waren nahezu alle aufgebraucht und auch das Wasser wurde immer knapper. Zwischenzeitlich wurden die Trinkblasen immer wieder aufgefüllt, sodass ich mir an der Knorrhütte keine Gedanken um das Auffüllen machte, schließlich passen ja drei Liter hinein. Ein dummer Fehler. 

Max hat uns nach nicht einmal 30 Min. abgehängt, so dass wir ihn auf den Weiten der Geröllfelder nicht mehr sehen konnten. Die treppenähnlichen Wege nach der Knorrhütte machten uns zu schaffen – die Oberschenkel brannten. Eine Stunde nach Aufbruch an der Knorrhütte konnten wir dann zum ersten Mal unser Ziel ins Visier fassen: das Gipfelkreuz. 

Eine Illussion, die unserem Körper zugemutet wurde. Es fühlte sich so nah an, doch war so fern. Während Max für die restlichen 900 Höhenmeter ab der Knorrhütte nur eine gute Stunde (!) benötigte, waren Nils und ich noch voll im Modus und wollten einfach nur noch diesen Berg hinauf. 

Währenddessen kam Steffen alleine an der Knorrhütte an und stärkte sich mit Backerbsensuppe und einem ????? … Das brachte ihm die nötige Kraft, die „stairways to heaven“ – oder wie ich sie lieber nenne: „die Höllentreppen der Knorrhütte“ zu meistern. Um 13 Uhr kam ich am Zugspitzplatt an. Anfang September ziemlich grau, doch im Winter ein fabelhaftes Skigebiet. Die Aussicht ist dennoch zu jeder Jahreszeit atemberaubend. Schöne Aussicht hin oder her – das Wasser ging aus. Ich zog an meinem Schlauch und hörte nur noch das unangenehme Geräusch, das man sonst eher in der Cola im Kino hört. Was nun?

Es waren zwar nur ca. 15 Grad auf knapp 2,5 Km Höhe, doch die Sonne prallte auf mich ein und nach vier Stunden bergauf laufen, tut der eine oder andere Schluck Wasser doch ganz gut. 

Zwei junge Typen aus Bochum waren so nett und gaben mir einen halben Liter Wasser, der für die letzten Meter reichen musste. Nils kam währenddessen auch am Zugspitzplatt an und teilte mir mit, dass er die Gondel nehmen und die letzten 90 Min. überspringen würde. Dort wartete er auf Steffen, der ebenfalls diesen Weg wählte, da sein Oberschenkel weiterhin zu machte. Nichtsdestotrotz: eine enorme Leistung von beiden, die man nicht einfach mal so erreichen kann. Kraft, Ausdauer und vor allem mentale Stärke sind hierbei von enormer Bedeutung. Außerdem ist zu beachten, dass die von uns gewählte Route üblicherweise eine 2- bis 3-Tagestour darstellt! 

So war es nur noch ich, der weiterhin den höchsten Berg Deutschlands besteigen wollte. Aufgeben kam für mich zu keinem Zeitpunkt in Frage – selbst, wenn ich irgendwo hätte nächtigen müssen. Ich wollte ganz nach oben und am Gipfelkreuz stehen. 

Die letzte Hürde

Noch knapp 400 Höhenmeter und nicht mal 2 km trennten mich also noch von meiner bisher größten körperlichen Errungenschaft. Klingt leichter, als es tatsächlich ist. Über das noch leicht von Schnee bedeckte Geröllfeld und einen leichten Klettersteig, der vom Schmelzwasser des Gletschers bespült wurde, ging es noch 1,5 Stunden bergauf. Hierbei musste ich an die Worte von Max denken, dass wir keine Kletterausrüstung brauchten. Da hatte er grundsätzlich Recht, doch die Beine wurden immer zittriger und die Konzentration wurde immer weniger. Hinzu kam die Höhe von knapp 3000 m, die die Atmung beeinträchtigen könnte. Da wäre so eine Absicherung nicht unangebracht gewesen, denn links und rechts ging es mehrere hundert Meter in die Tiefe. 

Ich kam immer näher an meine körperlichen Grenzen, doch der Wille kämpfte immer wieder gegen den Körper an – und siegte!

Nach ziemlich genau 10 Stunden, 22 km und knapp 2300 Höhenmetern kam ich am Plateau der Zugspitze an. Ich brach sofort in Tränen aus, als ich wusste, dass ich es geschafft habe. Max kam mir entgegen und nahm mich in den Arm. Ich frage mich bis heute, was er geschluckt hat, dass er so schnell dort oben ankam. 

Die anderen drei warteten im Restaurant. Das Schnitzel und das Hefeweizen mit Blick auf den Eibsee schmeckte hervorragend. Wobei in diesem Moment vermutlich alles geschmeckt hätte. 

Eine Sache galt es allerdings noch zu erledigen: den Aufstieg zum Gipfelkreuz. 

Lediglich Max und ich wollten wirklich bis ganz nach oben zum Gipfelkreuz. Und hierbei hätte ich wirklich gerne Kletterausrüstung dabei gehabt. Ich habe wirklich nichts gegen Tourismus und Menschen, die ein Foto vor einer besonderen Sehenswürdigkeit machen wollen. Doch was wir dort oben erleben mussten, grenzt schon fast an Lebensmüdigkeit. Nur schätzungsweise jeder Fünfte am Gipfelkreuz ist den Weg nach oben wirklich gegangen und hat dementsprechende Wanderausrüstung bzw. im Bestfall sogar ein Kletterset dabei. Der Rest sind Touristen, die aus dem warmen Tal kommen und bei 10 Grad teilweise in Sandalen und kurzen Hosen auf alpinem Gestein herumlaufen und ihr Leben gefährden. Hinzu kommt die nur sehr maue Absicherung durch ein Stahlseil, welches sich von vielen Menschen auf Hin- und Rückweg zum Gipfelkreuz geteilt werden muss. Ein Horror für Menschen mit Höhenangst, die sowas vermutlich niemals machen würden. 

Dass hierbei noch nie etwas passiert ist, bleibt mir bis heute ein Rätsel. 

Nichtsdestotrotz wagten Max und ich den Weg nach oben und strahlten vor Freude, als wir das goldene Kreuz berühren konnten. Nun waren wir die höchsten Menschen auf deutschem Gebiet. Nach einiger Zeit dort oben, mussten wir langsam aber sicher den Weg nach unten antreten. Die Zeit oben nutzen wir voll aus und nahmen erst die letzte Gondel nach unten. 

Den erfolgreichen und nicht weniger anstrengenden Tag ließen wir mit kühlem Bier, einer wundervollen Sicht in die österreichischen Berge und Nudeln mit Tomatensoße ausklingen. Am nächsten Tag, unserem letzten vor der Abreise am Sonntag, fuhren wir ein weiteres Mal nach Garmisch-Partenkirchen bzw. zum Eibsee. Dort liefen wir den Rundweg um den schönsten See Deutschlands … naja, wir spazierten. Der einzige, der wirklich lief, und damit meine ich JOGGEN, war Max. Nicht einmal 24 Stunden, nachdem er den höchsten Berg Deutschland erklommen hat, joggte er entspannte 10 km um den Eibsee – wir waren fassungslos. 

Umso schöner war der Sprung in den kühlen Bergsee und der Blick vom Wasser auf die Zugspitze. Da wurde einem erstmal bewusst, was man vollbracht hat. 

Im Anschluss ging es zum Bundesliga gucken in eine Kneipe in Garmisch – die Fußballer kamen also wieder mal durch. Mit Weizen vom Fass und Tiefkühlpizza für schlappe 10 € ließen wir die letzten Stunden Revue passieren, bevor wir den Abend in den Straßen von Garmisch mit weiteren Kaltgetränken ausklingen ließen. Die Heimreise war damit die letzte Hürde.

Die letzte Treppenstufe hinauf zum Plateau löste in mir ein unbeschreibliches Gefühl aus, welches so süchtig macht, dass man es immer wieder spüren will. Deshalb geht es bereits im Juni nach Madeira, wo wir zu dritt (davon zwei HNU-Spieler) die gesamte Insel in fünf Tagen überqueren werden.

-Tim Biehl-

Prost! Auf die tolle Leistung …

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