Diese Nachricht gleicht einem Paukenschlag und versetzt die Fachwelt in Erstaunen: Der Gemischte Knabenchor im TSV 1869 Herleshausen e. V. darf beim erstmals ausgetragenen Thüringer Sängerwettstreit für Männerchöre antreten. Diese einzigartige Chance ist nicht nur eine echte Herausforderung, sondern auch als Auszeichnung für die über 30-jährige Chorgeschichte zu verstehen und darf unabhängig vom Ausgang des Wettbewerbs als besonderer Höhepunkt in selbiger gesehen werden. Das Teilnehmerfeld wird bis zuletzt geheim gehalten. Auch jetzt sind die Namen der anderen Chöre noch nicht offiziell im Umlauf. Auf jeden Fall handelt es sich durchweg um ganz Große in ihrem Fach.
Das Wettsingen beginnt heute Abend um 18.00 Uhr auf der Sängerwiese oberhalb von Eisenach. Dem Siegerchor winkt ein eigenes Galakonzert im Festsaal der Wartburg in der kommenden Winterspielzeit, während für den Zweitplatzierten eine Nebenrolle im „Tannhäuser“ vorgesehen ist. Für den 3. Platz wird ein Übungswochenende auf dem Siegelshof in Aussicht gestellt. Das Teilnehmerfeld beschränkt sich auf fünf Chöre, die alle eine Kostprobe ihres Könnens geben werden. Dieser musikalische Leckerbissen ist natürlich seit Wochen ausverkauft. An der Abendkasse werden höchstens noch Restkarten zu vermutlich horrenden Preisen gehandelt. Für alle Freunde des Gemischten Knabenchores besteht aber die Möglichkeit des Besuchs der öffentlichen Generalprobe heute um 14.00 Uhr in Herleshausen. Die wie immer einzige Probe, diesmal auf dem Anger mitten im Dorf, sollte man sich nicht entgehen lassen. TSV-Vorsitzender Ronny Schlägel: „Der Gemischte Knabenchor ist längst ein Aushängeschild des größten örtlichen Vereins, und meistens sind die Generalproben fast noch aufregender als die Auftritte. Wir freuen uns auf viele Zuhörer!“ Der Vereinschef, der aufgrund einer kürzlich erlittenen Sportverletzung nur sitzend im Ensemble dabei sein kann, verspricht Freibier für alle!

Man fragt sich nun natürlich, wie die Organisatoren aus der Nachbarschaft auf unseren Chor aufmerksam geworden sind. Zum einen gab es eben die große 24er Jubiläumstournee in Herleshausen mit so vielen Auftritten wie niemals zuvor, nämlich sechs an der Zahl. Dabei stand natürlich das 30-jährige Chorjubiläum im Mittelpunkt. Den Ausschlag gab aber wohl ein Auftritt vor wenigen Tagen im Eisenacher Gasthaus „Zur Gurke“ bei einer privaten Feier. Verstärkt durch etliche Eisenacher Sportkameraden legte die hessisch-thüringische SG (Sangesgemeinschaft) einen Galaauftritt hin, der auch dem Organisationskomitee zu Ohren gekommen sein muss. Musikalischer Leiter und Gitarrist Tobias Schucht: „Man kann den Verantwortlichen zu dieser Wahl nur gratulieren. Wir werden wie immer alles geben und zählen ganz gewiss zum engen Favoritenkreis.“ Klar, dass auch die Sangesbrüder vom SV Wartburgstadt am heutigen Abend den Chor bereichern werden. Neben dem gemeinsamen Volleyballspiel dürfte dadurch ein weiteres Erfolgskapitel aufgeschlagen werden.
Stimmen zum heutigen Tage
Carolin Gisselmann, Bürgermeisterin von Herleshausen: „Der Knabenchor wirbt nicht nur überzeugend für den TSV, sondern er ist darüber hinaus auch ein wichtiger Botschafter für Herleshausen, der bestimmt auch auf der Sängerwiesen seinen Mann … bzw. seinen Knaben stehen wird. Ich drücke die Daumen!“
Dr. Hans-Peter Marsch, Herleshäuser Hausarzt und Förderer der regionalen Kultur: „Auch ich bin Fan des Gemischten Knabenchores, der mir in seinem größten Hit ´Kannt nie Not´ ja auch eine Strophe gewidmet hat. Ich werde den Jungs vor ihrem heutigen Auftritt extra noch eine Aufbauspritze verabreichen.“

Dr. Manfred Gerland, Pfarrer i.R.: „Seit ich dem Knabenchor vor ein paar Jahren für den Adventsgottesdienst in der Turnhalle einen Gospelsong beigebracht habe, gehöre ich als TSV-Mitglied auch zum Ensemble und freue mich schon jetzt auf den möglichen Auftritt im Wartburg-Festsaal. Da ist der Geist Luthers spürbar und wird unsere Stimmen beflügeln.“
Lukas Wetterau, HNU-Legende und Vorsitzender TSV Brandenfels, der vom Knabenchor auch schon ein Ständchen zum Polterabend bekommen hatte: „Ich beglückwünsche die Sänger von unserem SG-Partner zu diesem unerwarteten Auftritt und verspreche, dass sich der Knabenchor natürlich auch auf die gesangliche Unterstützung der SG-Fußballer verlassen kann – in diesem Sinne: Hart wie Granit …“
Achim Wilutzky, seit der Gründung Texter des Knabenchores: „Während Campino für seine Toten Hosen-Songs das Wort ´Gebrauchslyrik´ bemüht, sich mit Erich Kästner vergleicht und darüber ein Buch geschrieben hat, handelt es sich bei uns um triviale Dorflyrik mit Heimatfeeling nicht ohne soziokulturellem Narrativ am Ende des Tages – uff, alle angesagten Floskeln eingebaut.“
Bernd Linhose, Sänger im Knabenchor: „Ich sage nur eins: Wenn wir auf der Sängerwiese ´Bahuuh, bahuuh, bahuuh´ anstimmen, dann hau ich sofort ab. Ihr habt´se doch nicht mehr alle!“
Zur Geschichte des Knabenchores
„Als Sportler steh´n wir hier im Saale und bringen ´nen klingenden Gruß,
doch Sportler, das ist das Fatale, die hams halt viel eher im Fuß, im Fuß!
Mach mit, mach mit, ja mach mit in unser´m Verein, Verein …“
Mit diesem Lied begann im Jahre 1994 die Geschichte des Gemischten Knabenchores im TSV 1869 Herleshausen. Einem Chor, den es eigentlich nur einmal geben sollte, entstanden aus einer Bierlaune heraus, quasi eine Schnapsidee. Es war im Januar 1994, als man erst bei Börners die TSV-Sau fürs Festjahr geschlachtet hatte, bevor man sich abends in der Umkleidekabine zum Schlachtekohl traf. Da kurz darauf der Auftritt des Lauchröder Carneval Clubs anlässlich unseres 125er Jubiläumsjahres in der Turnhalle anstand, hatten die beiden Cousins Regenspurgers Dietchen und Wetteraus Lot die glorreiche Idee: „Lasst uns doch einen TSV-Chor gründen und beim Karneval mitmachen.“ Gesagt getan: es versammelte sich ein kleine, sportliche Sängerschar um Harald Biehl am Akkordeon. Gomez wurde als Dirigent auserkoren und füllte diese Rolle mit seiner unnachahmlichen Komik aus. Ein voller Erfolg, der Auftritt beim Karneval. Dass sich daraus allerdings eine mittlerweile 30-jährige Chorgeschichte, überwiegend probenfrei, meistens beschränkt auf die Generalproben, entwickeln sollte, konnte damals keiner ahnen.

Und wer´s noch nicht weiß: Gemischter Knabenchor deshalb, denn die Hälfte kann singen, die andere Hälfte nicht. Und am Ende liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Ganz nach dem Motto „es gibt keine falschen Töne, es gibt nur Variationen.“
„Wir frönen dem Klange schon lange, wir singen das Liedgut und schlecht.
Und wird es den Ohren mal bange: Wir biegen die Noten zurecht.
Sing mit, sing mit, ja sing mit im Kn – a – h a – benchor, ja Chor.
Sing mit, sing mit, ja sing mit, denn das geht ins Ohr!“
Jahresrückblick 2024
Ziemlich genau 30 Jahre nach der Gründung eröffnete der Knabenchor im März 2024 die Jubiläumstournee in seinem Wohnzimmer, der TSV-Turnhalle. Der 60. Geburtstag von Gründungsmitglied Fidy Göpel war der Anlass. Neben dem letzten Cowboy aus Gütersloh und den Pferde sattelnden letzten Helden dieser Erde wurde erstmals auch ein Neil Young-Song eingedeutscht: „Ja, ich liebe meinen Bauernhof und das ist nicht doof …“

Zwei Polterabende von verdienten Volleyball-Kameraden kurz hintereinander im Sommer ´24 brachten endlich auch mal wieder den Klassiker „Hochzeit“ von Marius Müller-Westernhagen zu Gehör. „Die Verträge sind gemacht …“ – einst als „Freiheit“ zu Ruhm gekommen, passt das natürlich auch auf die Eheverträge. Sebastian Adam und Johannes Aßmann, nebst Neu-Gattinnen, freuten sich über den Knabenchor-Aufritt in der heimischen Turnhalle. Bei Johannes und Luise erklangen dabei erstmals auch Thüringer Stimmen im Chor, denn einige Eisenacher Volleyballer reihten sich in die Gruppe mit weißen Hemden und schwarzen Eintagsfliegen ein, um dann im Oktober zu Markus Dachs Vierzigstem erneut mitzusingen. „Grün und Weiß wie lieb ich dich“ – auch bei Larrys Scheunen-Party!
Zur Silbernen Hochzeit von Ältestenratsmitglied und Datenschutzbeaufragten Roland Müller, ausgetragen als ausgelassene Garten-Party auf dem Goldberg, durften wir dann Pfarrer Dietrich Wierczeyko als neuen Gitarristen begrüßen. Souverän führte er uns durchs bekannte Liedgut. Auch am Cajon ist er inzwischen ein willkommenes Mitglied im Knabenchor. Und erstmals seit fünf Jahren erklangen bei Müllers nun auch wieder Akkordeon-Töne: Karin Aßmann griff in die Tasten, um den altbekannten Knabenchor-Sound wiederzubeleben. Eine Premiere vom Feinsten: Sie ist ab jetzt das Madel unter den Knaben!

„Wir sagen Dankeschön: 70 Jahre die Uschi …“ Nach 50. Und 60. Geburtstag feierte man gemeinsam mit der ewigen TSV-Funktionärin und Schulleiterin a. D. Uschi Rauschenberg nun auch ihren 70. Und das selbstverständlich recht ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden. „Lebt denn die alte Schul-Uschi noch? Ja, sie lebt noch …“ Auf Schneiders Saal konnten sich die Chorknaben davon überzeugen und genossen das nächste Heimspiel.

Auch das Jahr ´25 erlebte bereits zwei Knabenchor-Auftritte und das sogar an einem Wochenende. Während am Samstagabend die bereits erwähnte Chorgemeinschaft Herleshausen/Wartburgstadt dem Eisenacher Ingo Böhme gratulierte („Für Böhme kommt die Musik“), durfte man auch bei der Feier zum 70. Geburtstag von Tischtennis-Urgestein Klaus-Peter Brill nicht fehlen. So geht es mit den sportlichen Sängern von Herleshausen also munter weiter in ein neues Chorjahr.
