Die schönsten Erfolge sind noch viel mehr wert, wenn man vorher den Schmerz tiefer Täler kennen gelernt hat. Davon wissen vor allem wir Eintracht-Fans ein Lied zu singen, am liebsten eins zum Schunkeln. „Den Eintracht-Frankfurt-Walzer tanzen wir …“ – gerne in spanischen Nächten, und insbesondere die Triumphe, die als absoluter Außenseiter errungen, steigern die Feierlust ins Unermessliche, angefeuert von jenem einzigartigen „Unglaublich! Wahnsinn! Wahnsinn! …“-Gefühl.
Nun ist es gerade mal sechs Jahre her, da sah die Welt der Eintracht-Fans ganz anders aus. Die Geld-Vereine schienen weit enteilt, und der Adler dümpelte in niederen Gefilden, hatte gar Angst um die Zugehörigkeit zur Elite-Liga. Man schrieb den 14. Mai 2016: Beim Beck´s Bier in der Bremer Innenstadt blickten wir auf die gegenüberliegende Ellenberger-Bauplane am Kirchturm – Herleshausen ist überall – und mussten uns später ärgern, dass der eine Punkt zum Klassenerhalt nicht geholt wurde. In der 88. Minute traf Djilobodji (wer?) zum 1:0, rettete Werder und löste einen Bremer Freudentaumel vom Allerfeinsten aus. Wir, Andi Neitzel und ich, schmuggelten uns mit auf den Weserstadion-Rasen, um uns von den feiernden Werder-Fans trösten zu lassen: „Ihr schafft das noch in der Relegation.“ Das gelang dann auch gegen den Club aus Nürnberg in zwei recht mühsamen Spielen und mit viel Glück. Dass es die Wende zu einer Erfolgsgeschichte werden sollte, konnten wir damals noch nicht ahnen.
Hübner, Bobic, Kovac, Hütter, Glasner, Krösche … und vor allem die Hellmänner in Vorstandskreisen – Dunkelmänner gab es dort früher genug – stehen für den Aufschwung mit großen Reisen und noch größeren Gefühlen, wie jenem epochalem Pokalsieg Anno 18 gegen die anderen Übermächtigen. Gacinovic, das leere Tor … – 30 Jahre nach Detaris Freistoß-Hammer, damals feierte ich mit Bracks Heinz in allen Herleshäuser Lokalitäten (und 1988 gab es noch einige), diesmal bebte die Gutsschänke, wo der “Grenzadler” die Sensation gemeinsam begoss, anschließender Autokorso durchs Dorf inbegriffen …
Unter den Feiernden sieht man auch einige Fans, die schon 1992 beim gemeinsamen Premiere-Gucken in Gieße-Uwes Garten dabei waren. 30 Jahre ist es in diesem Jahr her: Die Eintracht hatte die Riesenchance zum ersten Mal nach 1959 Deutscher Meister zu werden. Dafür hätte ein Sieg beim Absteiger Rostock ausgereicht. Es kam anders, und die Stimmung im Hessenland und in Uwes Garten erreichte den Tiefpunkt.
Danach ging es in den späteren 90er Jahre und um die Jahrtausendwende weiter bergab mit mehreren Abstechern in die 2. Liga. Am bittersten davon mutete sicher der erste Abstieg an. Noch im November ´95 schlug man im heimischen Waldstadion die Bayern mit 4:1 (Matthias Hagner, wer erinnert sich?), bevor im Mai ´96 die ununterbrochene Zugehörigkeit zur Bundesliga aufgegeben wurde, leichtfertig, wie ich fand. Die späteren Abstiege taten dann weniger weh.
Es folgten Höhen – Jan Aage Fjörtofts Klassenerhalts-Übersteiger 1999 und diverse Aufstiege wie jener 2003 in allerletzter Nachspielsekunde beim 6:3 gegen Reutlingen 2003 – sowie weitere Rückschläge. Auf und ab, alles dabei – international hui, national pfui – die Fans der launischen Diva vom Main kennen die ganze Palette der Gefühle.
Vor diesem Hintergrund sollte man auch die aktuellen Europa-Festspiele der Eintracht sehen. Da stechen solche „magischen Nächte“ natürlich heraus. Schön, wenn man dann sogar vor Ort sein kann. Auch wenn hin und zurück über 3.000 Autokilometer bewältigt werden mussten: Das Erlebnis war einzigartig!
Andi Neitzel: „War alles mega. Der Trip hat sich natürlich voll gelohnt. Am schönsten war es, als wir dann im Camp Nou nach dem 0:3 gesungen haben ‚Einer geht noch, einer geht noch rein‘ oder ‚In Europa kennt euch keine Sau‘ …“ Die Vier aus Eschwege und Eisenach hatten gute Plätze im Stadion. In unmittelbarer Nachbarschaft des Barca-Fan-Blocks konnten sie den Elfer von Kostic mit anschließender Jubeltraube und später den Kracher von Borré direkt vor sich sehen.
Nach der Party-Nacht lockten die sommerlichen Temperaturen vor der Heimfahrt noch zum Volleyball an den Strand. Eine gute Idee, denn es war tatsächlich keine Fata Morgana, als auf einmal ein illustrer Lauftrupp durch die spanische Frühlingssonne trabte … Trapp vorneweg.
Egal, wie die Reise nun weitergeht, das kann ihnen und allen Eintracht-Fans keiner nehmen. Der Hessentag in Barcelona hat dafür gesorgt, dass es Auswärtsfans in Zukunft schwerer haben werden, in die europäischen Stadien zu kommen. Eher bleiben die Ränge dann wohl leer.
Fassen wir zusammen: Es gibt eben ganz besondere Erfolge, die aus einer Vereins- und Fan-Geschichte herausstechen. Einen solchen könnte auch H/N/U in Kürze erringen, wenn nämlich tatsächlich die Meisterschaft in der Kreisoberliga gelingen sollte. Drücken wir die Daumen!