Alte Bilder im frischen Licht

IMG_1116-1080

Es fehlten nur noch das Knattern beim Bildertransport, wenn das nächste Dia in den Projektor rappelt, und die Pausen beim Magazinwechsel. Das hatte doch was vom guten, alten Diaabend. Für die jüngere Generation: Auf Diapositive wurde früher mal fotografiert, als es noch Filme in den Kameras gab (negative oder positive). Durch das Licht und das Objektiv des Projektors wurden die 24 x 36 Millimeter großen Dinger an die Leinwand gestrahlt, ganz ohne das englische Wort “beamen” dafür zu benutzen.

Gestern Abend wurde nun “gebeamt”, doch ansonsten herrschte die Atmosphäre eines lockeren Bilderabends. So sollte es auch sein. Die Zuschauer waren ausdrücklich zur Beteiligung aufgefordert. Mitkommentieren und Leute beim Namen nennen, die nicht alle kennen, gehörte zum Konzept dieser Veranstaltung.

Klaus mit Bild-1080

Alte Bilder erzählen – “Das ist ein Bild. Halt´s mal an dein Ohr, hörst du was? Das kann nicht sprechen und erzählen – es ist an uns, die Namen und die Geschichten festzuhalten und weiterzugeben …” Klaus Gogler zu Beginn seiner Moderation.

Für dieses Konzept stand auch der Name des Vortragenden: Klaus Gogler. Als “WTV-Knipser” zumeist mit der Spiegelreflex am Handgelenk anzutreffen, hält der Wanderwart seit Jahren nicht nur das aktuelle Dorfgeschehen fest, sondern er stöbert auch gerne in alten Archiven. Dass seine Kommentare zu den Bildern natürlich spontaner Herkunft sind und sie seinem ureigenen Naturell entsprechen, dafür entschuldigte sich der 68-Jährige bereits im Vorfeld. “Ich werde dabei bestimmt wieder einigen auf den Schlips treten, aber ich kann eben nicht anders.” Das Gradlinige ist seine Art und sorgt für einen gewissen Witz, ohne, dass er es böse meint. Die meisten werden es ihm nicht übel nehmen. Sicherheitshalber stellte er gleich eine Weisheit von Platon voran: “Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: es allen Recht machen zu wollen.”  Und so machte er es uns an diesem Abend absolut recht … 

Klaus mit Zollstock-1080

“Wenn der Zollstock die 1000 Jahre sind, dann gab es die Fotografie erst ungefähr ab hier …”

Pünktlich gegen halb 8 begann der Bilderreigen und zog sich unterbrochen von einer kurzen Pause bis kurz vor 11 hin. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit fortgeschrittener Zeit nicht mehr alle Bilder und alle alten Leute darauf für jeden interessant sein dürften. Ein individueller Rückzug war jedem freigestellt. Manche nutzten es logischerweise auch, trotzdem blieb der Saal bis zum Ende rappelvoll.

Klaus stellte zu dessen Überraschung gleich am Anfang den Co-Moderator des Abends vor. Der Mann, der ihm diesen Vortrag aufgetragen hatte, sollte mit eingespannt werden: Helmut Schmidt, 1. Vorsitzender des Werratalvereins Südringgau. Und Helmut nahm gerne an. Dafür braucht er keine Vorbereitung. “Helmut sorgt für die Geschichte, ich für die Geschichten“, kommentierte “Gogi” die Arbeitsteilung.

So marschierten die beiden kreuz und quer durch die Jahrzehnte bzw. durch das vergangene Jahrhundert. Dass dem Bilderbogen keine eindeutige Ordnung zu Grunde lag, sich manche Fotos wiederholten, möge der eine oder andere als Vorwurf sehen, man kann es unter der Überschrift “Sammelsurium” aber auch positiv bewerten. Die vielseitige Geschichte des Dorfes wurde aus allen möglichen Blickwinkeln immer wieder in überraschender Weise dargestellt: alte Straßenzüge, Häuser, Menschen vor selbigen, Handwerksszenen, Kirmesfeiern und andere Feste, von denen viele gar nicht wussten, dass es sie mal gab, Gaststätten, Läden, uralte Ansichten vom Schloss – wer kannte bisher die Schlossmühle, schade, dass es sie nicht mehr gibt …

Der Abend hielt für die meisten viel Unbekanntes bereit. 

“Ne, das is nich der Henner, das is der Schorsch …” – “Falsch, das ist die Schule von Archfeld …” Gut, dass doch einige über 80-Jährige und  Dr. Marsch im Saal waren, die gerade im zweiten Teil immer wieder mal unterstützend eingreifen konnten, als manche Gruppenbilder den Namen nach entschlüsselt wurden. “Das ist doch Hüsschteins Christel …” (meint Hausstein = Streintreppe vor der Haustür, Christian Virnau aus der Borngasse 16) Für uns Jüngere und trotzdem nicht mehr ganz so junge, war das hochinteressant. Denn es dauert nicht mehr lange, dann sind wir in der Rolle der Überlieferer. Wir sollten uns so viel wie möglich merken. Klaus hat sich schon viel gemerkt. Die Anekdoten, die er zum Besten gab, waren köstlich, handelten von allzu Menschlichem; Schoten, die es vermutlich in jedem Dorf so oder ähnlich mal gab und die es zu bewahren gilt.

So wurden die rund 130 Zuschauer Zeuge eines abwechslungsreichen Abends mit vielen neuen Eindrücken aus alten Zeiten. “Man hätte die Kommentare aus dem Saal aufnehmen müssen”, stellte Friedhelm Göpel im Anschluss fest. Ein Dankeschön geht an die Fotografen früherer Zeiten, insbesondere dem einstigen Bürgermeister Ludwig Fehr (1920 – 1999), aus dessen Nachlass viele Fotos stammten, Werner Gogler (1923 – 1995) und Klaus Goglers Schwiegervater Fritz Knierim (1917 – 1999, “Papierfritzchen”), der seinerzeit einen Fotoladen im Dorf führte. Der weitere Dank gilt den Zuschauern für ihre Geduld und Spendenbereitschaft. Der veranstaltende Werratalverein sammelte am Ausgang Spenden fürs Jubiläum. “Wir freuen uns, dass wir der Jubiläumskasse den schönen Betrag von 430,- Euro (!) zur Verfügung stellen können”, zog Vorsitzender Helmut Schmidt zufrieden Bilanz.

Wiederholung geplant

Und einigen Interessierten, die kurz vor Beginn der Veranstaltung keinen Platz im Saal mehr bekommen konnten, sei noch mal gesagt, dass der Vortrag auf Grund des großen Interesses wiederholt werden soll. Nach einem Termin im Frühjahr wird gesucht. Die Organisatoren bitten um Verständnis, aber der Bilderabend hätte in dieser Form sicher nicht in der großen Halle stattfinden können, dann lieber zweimal im Saal.

Zuschauer-1080

Klaus + Helmut-1080

Danke euch beiden, Klaus und Helmut, für einen gelungenen Abend!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.