von Anette Wetterau
Liebe Leserinnen und Leser,
Karfreitag und Ostern liegen vor uns. Beide Feiertage muss man stets im Zusammenhang sehen, denn sie geben uns die Zuversicht, dass wir Menschen nicht in unserem persönlichen Karfreitag, in Niedergeschlagenheit und Schwermut steckenbleiben sollen. Ein Neuanfang wird uns gegeben, so wie Ostern oder die aufblühende Natur es uns jedes Jahr aufs Neue zeigen.
In der noch fortwährenden Corona-Krise sind viele Frauen in unserer Gemeinde seit Wochen aktiv und fertigen Stoffmasken an, andere wiederum suchen den Austausch, per Telefon, Mail oder Brief. Anpacken, Zuhören und Geduld sind gleichermaßen wichtig. Solch eine „Dorfgeschichte“ hätte sich vor einem Jahr keiner träumen lassen, obwohl Epidemien in der Geschichte immer wieder vorkamen.
Der Blick zurück gibt diese Dimension frei. Auf dem Herleshäuser Zeitstrahl kann man lesen: 1624 und 1635 Pestepidemien in Herleshausen. Was wird zu dieser Zeit in unserer Region für ein Leid gewesen sein? Wir können es kaum erahnen. Ebenso durchlebten die Menschen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren unvorstellbare Angst und Not. Harald Biehl erinnert sich noch an totale Ausgangssperren; nur die Bauern durften ihre Felder bestellen. Und in seinem Zeugnis von 1945/46 ist unter Bemerkung zu lesen: Ostern 45 keine Zeugnisse infolge Kriegshandlungen. Von Ostern 45 – Herbst 45 – kein Unterricht!
Heute wollen wir uns vor dem Corona-Virus schützen, aber wir können ihn nur schwer fassen. Die Einbußen in der Wirtschaft ängstigen uns und Erlebnisberichte lassen uns vor COVID-19 erschrecken. Dabei kann jeder Einzelne etwas gegen eine Verbreitung der Krankheit beisteuern – eine Nasen-Mund-Maske tragen, wenn man seinem Mitmenschen begegnet. Das kann unser Beitrag sein bis geheilte Erkrankte als potentielle Blutplasmaspender die ersehnte Hilfe in Form von schützenden Antikörpern bringen.
Maske auf – Eckhart von Hirschhausen
Wollen wir doch gemeinsam aus dem Karfreitag in das Ostern, die Auferstehung, gelangen. Wir hoffen auf Bewegung. Unsere 1000-Jahr-Feier stand auch für Dynamik, so hatten wir es uns seinerzeit während der Vorbereitung gewünscht. Neben kleineren sind zwei große Projekte noch offen und werden weiter vorangetrieben, der offene WERRAGrenzPark am östlichen Ortsausgang von Herleshausen und die Waldkapelle am Kielforst. Geist und Seele werden durch diese zwei Projekte inspiriert. Da, wo wir leben, im Tal, brauchen wir das demokratische Miteinander, die Basis für eine gelingende Gemeinschaft, um die unser Geist stets ringen muss, denn Demokratie und Freiheit sind keine Selbstläufer. Der WERRAGrenzPark, der sich auch als Demokratiepark versteht, soll dazu mahnen. Aber genauso wichtig ist das Herz, das durch die Liebe beseelt werden will. Gerne suchen wir Höhen auf, die uns eine Sicht von oben bieten und gleichzeitig auch einen Blick in uns hinein. „Hebe deine Augen auf zu den Bergen, von welchen dir Hilfe kommt“; das ist ein alter, oft besungener Psalmvers. Die Waldkapelle am Kielforst wird uns von der höchsten Erhebung des Südringgaus zur inneren Einkehr einladen. Die entstandene Zeitstrahl-Broschüre zitiert auf der letzten Seite Albert Schweitzer (1875 – 1965): „Du darfst am Guten in der Welt mitarbeiten.“ Wir sind alle eingeladen, uns zu beteiligen, mit Herz und Verstand, denn Ostern steht für Leben, gelingendes Leben miteinander.
Der Eichbaum, mein Freund
(Luise Baum 1906 – 1982)
Du knorriger Eichbaum im Wiesental,
sage mir einmal an deiner Jahre Zahl.
Warum stehst du so alleine und ohne Schrecken
fest eingewurzelt in der Katzenecken?
Du bist ein Sonderling unter deinen Gefährten
und wähltest dir dieses einsame Plätzchen auf Erden.
Wie oft hat im Werratal der Sturm schon gebebt?
Wie viele Generationen hast du schon überlebt?
Und wenn der Sturmwind ganz fest deine Äste gerüttelt,
hast du alle Angst von dir abgeschüttelt.
Bist wohl der Älteste unter all den Alten,
drum möchte ich mit dir einmal Zwiesprache halten.