Der Mauerweg markiert die einstige Grenze von West-Berlin und erinnert an die Zeit vor 35 Jahren, als die heutige Hauptstadt noch geteilt war. Er verläuft auf dem ehemaligen Zollweg (Westen) oder dem alten Kolonnenweg (Osten) und verspricht eine landschaftlich wie geschichtlich interessante Strecke. Auf rund 160 Kilometer Länge kann man den Mauerweg in mehrtägigen Etappen erwandern, laufen, radeln … – sicherlich ein schönes Erlebnis und vielleicht ein Vorschlag für den nächsten Aktivurlaub.
Man kann den ganzen Geschichtspfad aber auch im Schnelldurchgang unter die Laufschuhe nehmen und das Ding am Stück abreißen. Seit 2011 wird deshalb der Mauerweglauf ausgerichtet. Unter der Überschrift „100 Meilen von Berlin“ darf sich die Ultralaufszene daran versuchen und die persönlichen Leistungsgrenzen austesten. 161 Kilometer Dauerlauf am Stück … eigentlich unvorstellbar oder einfach nur verrückt. 450 Teilnehmer haben sich auch in diesem Jahr wieder an den Start begeben. 310 von ihnen kamen dann früher oder später auch tatsächlich ins Ziel – eine unglaubliche Leistung!
Bekannte Gesichter
Auf und an der Strecke fand man am 16./17. August sogar zwei ehemalige Herleshäuser, die sich zufällig begegneten und beide sehr überrascht waren. Maik Vogel, früher mal Judotrainer und Ausdauersportler im TSV und allen als sympathischer Buskutscher in Erinnerung, unterstützte die Veranstaltung als Volunteer an der Strecke. Er staunte nicht schlecht, als er unter den Läufern Burkhard Lachmann aus Reichensachsen erkannte. Früher waren sie mal gemeinsam in der ehemaligen Ausdauersport-Abteilung des TSV aktiv. Beim Verpflegungsposten 24 am Checkpoint Charlie, nur noch 11,5 km vor dem Ziel, war Gelegenheit für ein Schwätzchen inklusive Erinnerungsfoto.
Für Burkhard Lachmann, der seine Läufe für den Rad-Club Wehretal bestreitet, aber auch schon über 50 Jahre Mitglied im TSV Herleshausen ist, war es bereits die zweite Teilnahme am Mauerweglauf. Er wusste also, worauf er sich bei diesem 100-Meiler eingelassen hat. Überhaupt sind es ja vor allem diese „langen Kanten“, die sein Läuferherz höherschlagen lassen. Die regelmäßig im Wochenrhythmus eingestreuten „normalen“ Marathons haben da für ihn schon eher Trainingscharakter.
Nach der ersten Teilnahme 2021 lief es auch in diesem Jahr für ihn richtig gut. Zwischenzeitliche Tiefs gibt es bei einer solchen Distanz immer mal, aber Aufgeben war nie ein Thema. Obwohl die extremen Temperaturen an jenem Augustsamstag, als in Herleshausen gerade die Kirmesmusik von Haus zu Haus rollte, schon eine Herausforderung darstellten: „Die Hitze zieht richtig Körner – ich war ständig klatschnass …“ Insgesamt hatte er sich seine Kräfte perfekt eingeteilt, denn in der Schlussphase, so auf den letzten 20 Kilometern, besaß er noch Reserven. Er konnte sogar noch einige vor ihm Laufende überholen. Die Laufzeit ist bei einem solchen Event allerdings nicht das Wichtigste. Die vielen Erlebnisse und Gedanken unterwegs machen den Reiz aus – Kopfsache ohne Ende. Nach 25 Stunden und 27 Minuten kam der 61-jährige Reichensächser ins Ziel – eine Riesen-Leistung!
„Der Mauerweglauf in Berlin ist schon etwas Besonderes. Der historische Aspekt fasziniert mich immer wieder, zum Beispiel an so markanten Orten wie der Glienicker Brücke. Und was ein Leben mit der Grenze bedeutet, haben wir ja in Herleshausen früher erlebt.“
Für Burkhard Lachmann, der sich unterwegs an vereinbarten Stellen immer wieder mit seiner Frau Jutta getroffen hat, war es in diesem Jahr bereits der vierte Lauf im dreistelligen Kilometerbereich. Der Jurasteig Nonstop Ultratrail über 170 km und 5.400 Höhenmeter im April, die TorTour de Ruhr (161 km) im Mai in 23 Stunden und der Thüringen Ultra (100 km) im Juli stehen schon als Hochkaräter in seiner 24er Laufbilanz. Einschließlich der „normalen“ Marathons kommt er bereits wieder auf 39 Läufe. Wenn er gesund bleibt, dürfte er auch in diesem Jahr, wie in den Jahren zuvor, wieder auf den Schnitt von einem Marathon wöchentlich kommen. Wir drücken ihm die Daumen …
Ein Gedanke zu “Berliner Mauerweglauf 2024”
Respekt für den Läufer, die Betreuerin und den Reporter.