Das war’s ! ?

von Anette Wetterau

Mehr als einen Monat liegt die Festwoche 1000 Jahre Herleshausen schon hinter uns. Auch die ersten Nachschläge gehören zur Vergangenheit – „Teilnahme am Hessentagsumzug“, Fronleichnamsprozession mit Vortrag „Flucht und Vertreibung“, das Schauspiel im Kirchgarten – bevor in den nächsten Monaten die Kirmesgesellschaft mit einem Dorffest und der TSV mit seinen Jubiläumsfeierlichkeiten aufwarten.

Was bleibt von all dem Aufwand, den wir über drei Jahre betrieben haben – alles in Hinblick auf unser Jubiläum? Für uns im stehenden Festzug galt immer: „Der Weg ist das Ziel“; und so können wir auf drei harmonische und kreative Jahre zurückblicken – in einer Gruppe, die sich einfach so gebildet hat, allein mit der Absicht, Schätze unseres Ortes gemeinsam zu heben. Sichtbar bleiben langfristig drei neue Erinnerungstafeln, zwölf Fachwerktafeln, ein Stein mit einem alten wieder aufgetauchten Herleshausen-Ortsschild, die eingefasste 10 000 Jahre(?) alte Mooreiche und Holzklötze als Sitzgruppe; mittelfristig sind es eine gepflanzte, mehrere mit der Nähmaschine gestaltete Zahlen 1000 und bunte Blumen. Nur für das innere Auge sichtbar bleiben der Weg der Vorbereitung, die Gemeinschaft in den verschiedenen Gruppen, das freudige Erleben der Gäste und der vielfältige Einsatz zahlreicher Herleshäuser. Stellvertretend für alle seien hier Estella, Nawid und Farahnaz genannt. In der Nacht zum Festsonntag sind sie um zwei Uhr aufgestanden, um das indische Essen in Estellas Küche vorzubereiten, das sie tagsüber im evangelischen Gemeindesaal anboten. Herzlichen Dank allen, die sich unentwegt sowohl mit Tatkraft, Zeit als auch mit finanzieller Unterstützung für unser Jubiläum eingesetzt haben. Nur so konnte es zu einem beeindruckenden Fest werden; Herleshausen hat sich mit all seinen Facetten gezeigt. Eine abschließende Beurteilung können wir heute dennoch nicht geben. Schön war es, sind die ersten Stimmen von außen, vielfältig, einmalig und gelungen.

Unsere Ziele haben wir erreicht. Wir wollten Herleshausens Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten. Das konnte gelingen, weil das ganze Dorf, sogar die ganze Gemeinde mitgeholfen hat, sei es als Mitwirkende mit allem Phantasiereichtum, als Einladende oder als Gäste, die für volle Straßen und Gespräche gesorgt haben. Unterschiedlichen Interessen konnte man gerecht werden; es gab Einblicke ins bäuerliche Leben und in altes und neues Handwerk, vielseitiger Sport wurde vorgestellt, das Scheunenkino und Bühnenprogramme in der Teichstraße und in der MZH, die Grenzausstellung, das erzählende Haus in der Bahnhofstraße und verschiedene andere Ausstellungen, die Vielfalt unserer Feuerwehr, das Bahnhofsmuseum, die Arbeit des Margot-von Schutzbarstifts und des St. Elisabeth Heims, der Diakonie, der Hospizfrauen, der Reservisten, des DRK, der Polizei, des WTV, des VDK, des Imkers und eines Steinmetzbetriebs; unsere Sommernachtsweiber und das Hallenbadteam präsentierten sich, die Banken, Arzt und Apothekerin, Flohmärkte, die drei Kirchen, eine mittelalterliche Reisegruppe aus Lauchröden neben Ayurveda und Schlosspark und immer wieder gab es ein umfangreiches Kinder- und Mitmachangebot.

Die Gästebetten in den Häusern waren belegt und die außerhalb des Zentrums liegenden Höfe waren mit Autos gefüllt. Die Parkplätze, die uns von Wolfgang Maenz, Dr. Muscheid, Eckehardt Virnau, Michael Dach, Karl-Heinrich Göpel und der Gemeinde zur Verfügung gestellt wurden, waren gefüllt. 2000 Parkplätze wurden vollständig angenommen. Der Bauhof hatte bezüglich der Verkehrsführung viel vorzubereiten und die vier eingesetzten Pendelbusse der Firma Buchenau waren acht Stunden lang unentwegt in Betrieb. Die Feuerwehrleute lotsten die Fahrzeuge; sie waren gut organisiert. Der Herrgott schickte schönes Wetter, so schön, dass die Rettungssanitäter vom DRK achtmal einen Einsatz hatten. Dank Mario und der Gemeindeangestellten wurde das umfangreiche Sicherheitsprojekt umgesetzt. Alles Notwendige lief wie am Schnürchen. Getränke waren an diesem Tag die wichtigste Versorgung.

Begegnung ermöglichen, war das zweite Ziel. Viele ehemalige Herleshäuser nutzten den stehenden Festzug, um ihre einstige Heimat oder die ihrer Eltern zu besuchen. Familie Bloss kam extra aus Kalifornien, sechs Nachkommen der Auswanderer aus Emporia in Kansas sah man in Herleshausen-Shirts durch die Straßen gehen, begleitet von einem neuentdeckten weitläufigen Verwandten aus Manila. Sie interessierten sich für das bäuerliche Leben ihrer Vorfahren. Aus England, aus Nord- und Süddeutschland, aus Ost und West kamen Gäste, um zu schauen, wie Herleshausen sich darstellt, wie es sich entwickelt hat; selbst eine Abordnung aus Cléder nahm den weiten Weg auf sich, um sich mit den Herleshäuser Freunden zu präsentieren. Ein vielfältiges Herleshäuser Essen sowie kühle und urige Nischen in den Höfen luden zum Verweilen und Genießen ein und beeindruckten die Gäste. „Das war ein schöner Tag.“, hörte man Kinder am nächsten Tag sagen. Viele Stände hatten sich speziell für sie mit Überraschungen vorbereitet, um damit auf ein familienfreundliches Herleshausen zu verwiesen. Danke allen Akteuren, die am Festtag nicht müde wurden, die Gäste anzusprechen, sie willkommen zu heißen, ihnen Dinge zu erklären oder sie musikalisch zu erfreuen. Damit wurde der Mensch in den Mittelpunkt gerückt und zufriedene freudige Menschen gab es an diesem Tag viele, denn die Straßen und Höfe waren gefüllt. Und die Herleshäuser? Sie haben aufgrund ihres Engagements nicht an allem teilhaben können, vielleicht fiel ein schneller Rundgang ab. Ihnen sind die Gespräche mit den Gästen eigen und hoffentlich der Austausch untereinander. Wir müssen erzählen, von den Vorbereitungen, das meiste war selbstgemacht, von unseren Begegnungen, vom unwahrscheinlichen Glück des schönen Wetters und dass alles unfallfrei verlief.

Nachhaltigkeit erlangen, war ein drittes Ziel, das der Vorbereitungskreis des Stehenden Festzuges sich gesetzt hatte. Ein Schwerpunkt davon ist, Herleshausen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen. Deshalb haben wir am Fest 150 Jahre RP in Kassel teilgenommen, am Werra-Meißner-Tag in Eschwege und zum Abschluss noch am Hessentagsumzug in Bad Hersfeld mit dem Motto: „Herleshausen im grenzenlosen Werratal –ein geschichtsträchtiger Ort“.

Neben den drei großen Infotafeln ist ein Fachwerkpfad entstanden, er wurde finanziert mit Hilfe der Sparkassenstiftung und ist inzwischen mit zwölf Tafeln ausgestattet; schön wären noch weitere private Ergänzungen. Doktor Marsch, “der letzte Landarzt” von Herleshausen, wird die zum Fest fertiggestellte Doktorstube im Hainertor um eine ganze Etage zu einem Heimatmuseum erweitern. Mit Hilfe einer Museumsfachfrau werden die über Jahrzehnte gesammelten Exponate aus dem Südringgau liebevoll, professionell und sehr stilvoll arrangiert.

Unser größtes Projekt ist noch in Planung. Der WerraGrenzPark soll auf der „Salzwiese“ gegenüber des REWE-Getränkemarktes entstehen. Es wird ein grenzüberschreitendes Projekt Hessen-Thüringen. Der Wartburgkreis will sich mit dem Projekt WerraGrenzWeg anschließen. Begleitet werden wir vom Planungsbüro Beier und Wellach aus Berlin. Die Umsetzung dieses Projektes, das den Blick zurück in die Vergangenheit und ebenso den Blick nach vorne bieten soll, muss noch gestemmt werden. Was ist uns wichtig, was wollen wir aus unserer Geschichte mit in die Zukunft nehmen? Es sind die Werte Demokratie und Freiheit – ein dauerhaft friedliches Miteinander im grenzenlosen Werratal wäre die Krone. Daran erkennt man, dass die „lebendige Dorfgeschichte(n)“ noch nicht am Ende ist. Bei all unserem Tun ließen wir uns stets von dem Spruch leiten: „Wer will findet Wege, wer nicht will, der findet Gründe.“ Bisher haben wir unermüdlich Wege gesucht und konnten dadurch nie Erahntes erreichen.

Der anlässlich der 1000-Jahr-Feier erarbeitete Zeitstrahl für das Schulgebäude wird zu Beginn des neuen Schuljahres eingeweiht. Einen Vorabdruck konnte man am Festsonntag schon sehen. Für die sehr eindrücklichen Bilder brauchen wir noch Geld; ohne Bilder könnten wir die Tafeln vom erzielten Stiftungspreis „Ein HERZ für die Region“ für das Projekt „Karl Fehr – ein stilles Vorbild“ und vom Sozialpreis der Schule für das Engagement im Erzählcafé im Margot-von-Schutzbar-Stift finanzieren. Die Bilder, gezeichnet von der Designerin Brit Jatho, aufgewachsen in Nesselröden, machen den Zeitstrahl aber erst interessant und lebendig. Es fehlen noch einige Hunderter. In der aufgestellten Spendenkasse waren am Sonntagabend leider nur 70 Cent.

Dafür waren die Spender in der Freikirche für das Straßenkinderprojekt MASA in Sao Paulo in Brasilien etwas großzügiger. Es kamen 170 Euro zusammen. Es ist gut, an einem Fest nicht nur an sich zu denken, sondern auch über den Tellerrand zu blicken. Unsere Heimat ist Herleshausen, aber wir sind Weltenbürger. Nicht allen Menschen geht es so gut wie uns. Aus diesem Grund sammelte das Gesundheitszentrum Deubener mit seinem Beitrag „Vom Knetweib zur modernen Physiotherapie“ Geld für krebskranke Kinder im Kinderhospiz Tambach-Dietharz.

Die erstellte Homepage >www.herles1000.de< werden wir über das Jahr 2019 hinaus aktiv betreiben. Die Resonanz ist gut und so freut es uns, mit interessierten Personen weiterhin in Kontakt zu stehen. Wir werden berichten, was sich in Herleshausen so tut.

Wenn wir auch viele belebende Dinge mit unserem Fest verbinden, so gibt es doch eine große Traurigkeit. Den Regierungspräsidenten Dr. Lübcke wollten wir zum stehenden Festzug begrüßen und dann hörten wir beim morgendlichen Rundgang von Mario, dass er in der Nacht verstorben sei. Mario mutete uns zunächst nur eine Teilwahrheit zu; dass er ermordet wurde, lasen wir erst am Abend im Internet. Wir waren tief betroffen, mochten wir doch Dr. Lübckes natürliche, klare und humorvolle Art. Man hatte bei ihm das Gefühl, dass er zu uns gehörte; umso schmerzhafter und schockierender ist dann diese Tat. Wohin entwickelt sich unsere Gesellschaft?

Sowohl der Festgottesdienst zu Himmelfahrt als auch der musikalisch-geistliche Auftakt am Sonntag waren gut besucht. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, wenn die christliche Botschaft noch Gehör findet. Die Zukunft kann von uns vorbereitet werden, sie liegt aber trotzdem im Verborgenen.

Anette Wetterau

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